Richtungsstreit in der Union | Schönbohm kritisiert Bundes-CDU / Landespartei ringt um ihren Kurs

07.08.2006, 09:08 Uhr

POTSDAM Nach der Kritik von CDU-Landeschef Jörg Schönbohm am Kurs der Bundespartei gibt es erneut Auseinandersetzungen um die inhaltliche Erneuerung der märkischen Union. Schönbohm hatte am Wochenende in Interviews erklärt, dass viele CDU-Wähler enttäuscht seien, weil die Linie der Union innerhalb der Großen Koalition in Berlin nicht mehr zu erkennen sei.


Die Äußerungen Schönbohms träfen auch auf die Landespartei zu, so der CDU-Landtagsabgeordnete Dierk Homeyer. Der Kurs von Generalsekretär Sven Petke, die CDU zu "versozialdemokratisieren" habe ebenfalls dazu geführt, dass ein diffuses Bild über das Programm der Union entstanden sei, so Homeyer.

Die Kritik Homeyers, der viele Jahre Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion war, wurde unterdessen zurückgewiesen. CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek sprach gestern von notwendiger sozialpolitischer Profilierung der CDU, um verlorengegangene Wähler zurückzugewinnen. Bereits im Juni war an Petke in der Fraktion Kritik laut geworden. Der Generalsekretär hatte im Frühjahr unter anderem höhere Standards in der Kinderbetreuung gefordert, was zu heftigen Kontroversen führte.

Parteivizechefin Barbara Richstein stellte sich hinter Petke. Das bisherige Familienbild sei überholt, die Realität sehe anders aus - und der nähere sich die Brandenburger CDU an. Es sei überfällig, dass sich die Christdemokraten den sozialpolitischen Herausforderungen stellten, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU-Fraktion, Saskia Funck. Christian Ehler, Europaabgeordneter und Vorsitzender der CDU-Mittelstandsvereinigung, bezeichnete Schönbohms Angriff auf die Bundes-partei als "wenig hilfreich", denn oft blockierten Landesregierungen die Bundespolitik.

Kritik an der Bundes-CDU hatten neben Schönbohm auch der Berliner CDU-Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl im September, Friedbert Pflüger, und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers geübt. Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle zeigte sich unterdessen überzeugt von einer Bundestagswahl bereits vor dem regulären Termin im Herbst 2009.